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Wie kann ich dominantes Redeverhalten thematisieren?

Vielleicht ist Ihnen auch diese Situation vertraut:
In Diskussionen, bei Abfragen und bei der Vergabe von Aufgaben melden sich immer die gleichen Personen zu Wort. Einige von ihnen sprechen zudem bei jeder Meldung sehr lang, oder fallen anderen ins Wort. Häufig werden auch Gedanken, die andere Studierende zuvor schon geäußert haben, ignoriert und noch einmal formuliert. Personen, die zurückhaltender sind, treten dabei in den Hintergrund, was Auswirkungen auf ihre Wahrnehmung durch Dozent*innen und damit auf die Notengebung haben kann.

Dominantes Auftreten in Lehrsituationen kann verschiedene Gründe haben: Die dominant auftretenden Personen sehen sich möglicherweise in einer Konkurrenzsituation mit Kommiliton*innen, die sie versuchen, für sich zu entscheiden, indem sie sich sprachlich gegen Andere durchsetzen. Vielleicht möchten sie mit ihren Meldungen in besonderer Weise wahrgenommen werden und zur Geltung kommen. Vielleicht sind sie es aus anderen Kontexten gewöhnt, dass ihre Beiträge auch in langer Form erwünscht sind. Oder sie sind daran gewöhnt, sich immer Raum zu nehmen bzw. zu bekommen. Vielleicht bemerken sie nicht, dass andere Studierende auch gerne reden würden, oder schon Beiträge zur Problemlösung beigesteuert haben.

Lösungsmöglichkeiten:

Transparenz:
Um unklare Erwartungen auf allen Seiten zu klären ist es hilfreich, zu Beginn der Lehrveranstaltung die Lernerwartungen auf Seiten der Studierenden sowie die Leistungserwartungen auf Seiten der Dozent*innen transparent zu machen. Wenn Sie deutlich machen, dass es Ihnen als Dozent*in wichtig ist, dass alle zu Wort kommen können und Redeanteile fair verteilt sind, kann dies einen tatsächlichen Ausgleich von Beiträgen begünstigen.
Redelisten:
Redelisten sind ein Instrument, in frontalen Lehrgesprächen oder Gruppendiskussionen die Diskussion zu strukturieren und Beiträge in eine neue Reihenfolge zu bringen. Dabei werden alle Personen, die sich melden, durch die Lehrperson wahrgenommen und notiert. Der Wortbeitrag erfolgt aber nicht unbedingt nach Reihenfolge ihrer Meldung, sondern nach anderen, zuvor transparent gemachten Kriterien. Es gibt mit sogenannten ‚Erstredelisten’ beispielsweise die Möglichkeit, erste Beiträge von Personen, die sich bis dahin noch nicht gemeldet haben, vorzuziehen, und Zweit- oder Drittmeldung erst danach aufzurufen. Eine weitere Möglichkeit sind quotierte Redelisten, bei denen bestimmte Diversitykategorien im Sinne ‚positiver Maßnahmen’ in einem bestimmten Verhältnis (z.B. 50:50) beim Aufrufen berücksichtigt werden. Eine Redeliste sollte in jedem Fall angekündigt und erklärt werden. Sie zu führen bietet die Gelegenheit, über ungleiche Redeanteile zu sprechen. Es ist hilfreich, wenn alle wissen, dass es nicht darum geht, zu bevorzugen, sondern ein bestehendes Ungleichgewicht in der Beteiligung auszugleichen.
Gruppendiskussion und Murmelrunden bieten sich als aktivierende Maßnahmen zum Ausgleich von Redezeitanteilen ebenfalls an.